Bluetooth LE: Eine Einführung

von Yuliy Khorolinskyy
Lesedauer ca. 5 Minuten

Seit der massenhaften Einführung der Bluetooth Technologie in den 90ern stellte diese Umsetzung der vielseitigen kabellosen Kommunikation von zwei oder mehr Geräten in unmittelbarer räumlicher Nähe die Industrie vor Probleme und Einschränkungen, welche die Einsatzmöglichkeiten stark begrenzten.

Zum Beispiel verbraucht die Verbindungsphase zwischen zwei Geräten viel Energie. Eines der Geräte muss dabei seine Bereitschaft für Verbindungen mit einigen erforderlichen Informationen an seine Umgebung konstant aussenden, in der Hoffnung, ein anderes Gerät würde darauf reagieren. Der Verbindungspartner muss alle „Hier bin ich!“-Rufe aus der Umgebung sammeln und dann von jedem einzelnen Gerät weitere spezifischere Information erfragen. Erst dann kann eine Verbindung mit dem gewünschten Gerät initiiert werden. Aus diesem Grund können Geräte, welche nicht an eine externe Stromversorgung angeschlossen sind, es sich gar nicht leisten konstant auffindbar und verbindungsbereit zu sein. Ein Datenaustausch, so gering er auch sein mag, muss also auf beiden Seiten aktiv eingeleitet werden. Das schließt Szenarien mit passiven oder unüberwachten Teilnehmern so gut wie aus. Auch die Chips selbst erfordern eine gewisse Mindestkomplexität und lassen sich nicht für spezialisierte Anwendungen „abspecken“.

Verschiedene Unternehmen haben immer wieder Versuche unternommen neue energieeffiziente Übertragungsstandards einzuführen, doch die Bluetooth SIG (link: https://www.bluetooth.org/en-us) hat sich schwer getan einen Standard festzulegen, welcher die widersprüchlichen Ziele konstant niedriger Energieverbrauch und vielseitige Nutzbarkeit zufriedenstellend vereinbaren kann. Aufbauend auf dem Knowhow der führenden Unternehmen und Nokias Wibree Technologie wurde im Juni 2010 mit Bluetooth 4.0 unter dem Namen Bluetooth low energy (später auch als Bluetooth Smart vermarktet) eine neue Spezifikation veröffentlicht, welche endlich diesen Anforderungen gerecht wurde. 

Bluetooth LE ist keine Verbesserung des alten Bluetooth, sondern ein von Grund auf neues Protokoll

Bluetooth LE ist zwar ein gänzlich anderes Protokoll, arbeitet aber im gleichen Frequenzspektrum wie auch das alte Bluetooth (jetzt Classic genannt)  und kann somit über die gleiche Antenne wie der alte Standard senden und empfangen.

Das erste Smartphone, welches über Bluetooth LE verfügte, war das iPhone 4s (Oktober 2011) mit iOS 5. Auf Android hat die Technologie erst mit der Version 4.3 (erschienen im Juli 2013) Einzug gefunden. Eine neue Anwendung hat Apple Mitte 2013 mit dem iBeacon geschaffen.

Bluetooth LE besteht also aus zwei Komponenten, einem Protokoll, also einer Vereinbarung wie Bluetooth LE fähige Geräte miteinander zu kommunizieren haben, und der Hardware, welche die erforderlichen technischen Feinheiten umsetzt und die Kommunikation erst ermöglicht. In der Welt von Bluetooth LE hat ein Gerät eine von zwei Rollen: Peripheral (zB. Sportarmband, Herzschrittmacher, Lampe, Maus, Tastatur, Gamepad) oder Central (z.B. Smartphone, Computer, Tablet). Die Rollen sind absichtlich ungleichberechtigt und sehr asymmetrisch definiert, um die Anforderungen an Peripheriegeräte möglichst gering zu halten.

Nach dem Einschalten sendet ein Peripheriegerät als erstes immer eine Nachricht, durch welche Geräte mit der Rolle Central, die gerade einen Scan durchführen, diese entdecken und darauf regieren können. Dabei kann sich das Peripheral auf vier verschiedene Weisen der Umwelt präsentieren:

Non-connectable Advertising

Es wird außer der Kennung noch eine kleine Datenmenge mitgesendet. Das Gerät wird aber auf keine Anfrage antworten und damit kann auch keine Verbindung hergestellt werden. Das erlaubt besonders kostengünstige und kompakte Herstellung, da hier die Notwendigkeit eines Empfängers im Bluetooth-Chip entfällt.

Discoverable Advertising

Erlaubt zusätzlich zu den oben genannten Funktionen weitere Anfragen, welche mit weiteren kurzen Datenpaketen ohne einen Verbindungsaufbau beantwortet werden können. Das benötigt allerdings einen Empfänger im Gerät.

General Advertising

Damit sagt das Gerät, dass es zusätzlich erlaubt, wenn vom Scanner angefragt, eine kurzfristige oder permanente Verbindung aufzubauen. Das bildet im Prinzip die Funktionalität von Bluetooth Classic ab.

Directed Advertising

Eine spezielle Anfrage, welche für einen schnellen erneuten Verbindungsaufbau zu einem bereits bekannten Central Gerät sorgt.

iBeacons sind Peripherals, die immer wieder in kurzen Abständen ihre Kennung über Non-connectable Advertising senden.

Die Kennungsnachricht enthält auch die ursprüngliche Sendeleistung, damit der Empfänger über die relative Abnahme der Leistung des angekommen Signals den ungefähren Abstand bestimmen kann. In der Realität lässt sich aber nur mit schwankender Genauigkeit von etwa einem Meter der Abstand auslesen. Deshalb definiert die iBeacon Spezifikation nur die Entfernungen

FAR: Abstand größer als 10 Meter

NEAR: Abstand von wenigen Metern

IMMEDIATE: In unmittelbarer Nähe von wenigen Zentimetern

Außerdem sendet ein iBeacon noch eine 128 Bit lange einzigartige ID, welche zwar zu dessen Identifikation verwendet werden kann, viel eher jedoch für eine Gruppe an Beacons wie alle, die zu einem Geschäft oder einer Geschäftskette gehören, steht. Um die einzelnen Beacons zu unterscheiden, werden noch zwei weitere kürzere Identifier (je 16 Bit) mitgesendet, welche Major und Minor genannt werden.

Das alles kann auf einen 2-Euro Stück großen Chip gepresst werden und dank Bluetooth LE je nach eingestellter Sendehäufigkeit und Leistung von einer Knopfzelle über mehrere Jahre hinweg betrieben werden. Aber auch komplexere Geräte können sich als iBeacon ausgeben und so die damit verbundenen Möglichkeiten nutzen. An vielen Stellen kann diese Technologie als erster Schritt einer umfangreicheren Interaktion agieren.

Alleine kann ein iBeacon aber nichts. Wie der Name schon vermuten lässt, kann man es mit einem "Leuchtfeuer" vergleichen. Es liegt an denjenigen, die es sehen, seine Bedeutung zu interpretieren. Der wichtigste Teil dieser Technologie steckt seit iOS 7 auf jedem mobilen Gerät von Apple. Das Betriebssystem erlaubt es nämlich Apps sich für bestimmte Beacon-IDs zu registrieren. Solange Bluetooth auf dem Gerät aktiv ist, werden dann konstant Scans durchgeführt und bei Sichtung eines Beacons wird die App auch im Hintergrund davon benachrichtigt und kann ohne zwangsläufige Nutzerinteraktion drauf reagieren. Im Klartext: Wer die iBeacons nutzen will, muss zuerst einen Weg auf das Gerät des Endverbrauchers finden.

Der Energieverbrauch ist bei permanentem Scan unter realen Bedingungen unter 1% der Batterieleistung pro Tag (12h). Auch Android-Geräte können nach iBeacons scannen und schneiden dabei je nach Gerät beim Verbrauch sogar besser (sparsamer) ab.

Unterschiede zu anderen Technologien

QR-Code

Ein aufgedruckter QR-Code kann ähnlich wie ein Barcode vom Nutzer mithilfe einer dafür ausgelegten App und der Handykamera gescannt werden.

Der Informationsgehalt ist ähnlich, aber um zu interagieren muss der Nutzer selbständig aktiv werden.

Ein QR-Code muss immer einzeln gescannt werden und dafür muss man ihr erstmal finden. iBeacons werden passiv erfasst und erlauben so die Einbindung eines nichts-ahnenden Smartphonebesitzers und können ihn oder sie dann zu einer Handlung motivieren. Werden mehrere Beacons gleichzeitig erfasst, können daraus zusätzliche Informationen geschöpft werden. Dazu kommt eine Reichweite von bis zu 50m, welche bei einem QR-Code undenkbar wäre.

QR-Codes können hingegen wesentlich leichter und kostengünstiger angebracht werden und müssen auch nicht gewartet werden, da sie keine Komponenten wie z.B. Batterien haben.

NFC

NFC (kurz für Near Field Communication) erlaubt eine Verbindung und Datenaustausch im Abstand von unter 30cm. Das ist praktisch, da Abhörversuche schon allein wegen der räumlichen Nähe erschwert werden. Das ist der Grund, warum einige der neuen bargeldlosen Zahlungssysteme (Apple Pay, Visa payWave) auf diese Technologie setzen. Die Kommunikationsmöglichkeiten sind ähnlich wie bei Discoverable Advertising. Außerdem können passive NFC-Tags installiert werden, bei welchen die für das Auslesen erforderliche Energie vom Lesegerät kommt und sie damit keine eigene Stromversorgung brauchen. Auch hier unterscheidet sich der Anwendungsfall stark von den Einsatzmöglichkeiten des iBeacons. Außerdem müssen die Lesegeräte (auch das Smartphone) mit zusätzlicher Hardware, den NFC Kommunikationschips, ausgerüstet sein.

Apple setzt aus diesen Gründen bei seinem neuen iPhone 6 auf eine Kombination aus beiden Technologien.

WLAN

Ortung und Datenaustausch können auch über WLAN stattfinden. Diese Art von Ortung ist aber wegen der normalerweise geringen Anzahl von WLAN-Empfängern wesentlich ungenauer. Auch stellt das völlig andere Anforderungen an die einzelnen Empfänger. Ähnlich wie bei Bluetooth Classic ist auch hier eine Verbindung notwendig, um Daten austauschen zu können. Diese ist nicht ohne Benutzerinteraktion möglich.

Fragen zu BLE oder Beacons? Wir helfen gerne!

Mehr Insights